»Quest«: Ein Interview mit Andreas Eschbach

»Space Opera« – bei diesem Begriff denkt man an waffenstarrende Raumschiffe, die das Sternenmeer durchfliegen, gigantische Weltraumschlachten, interstellare Verschwörungen und mutige Helden, die für Recht und Ordnung in der Galaxis kämpfen.

Ohne Zweifel: Die »Space Opera« hat das Bild geprägt, daß die Allgemeinheit von der Science Fiction hat. Und das nicht ohne Grund. Die »Space Opera« ist die Paradedisziplin der SF, und viele bekannte Klassiker des Genres sind dieser Kategorie zuzurechnen. E.E. Smiths »SKYLARK«-Romane, Isaac Asimovs »FOUNDATION« und A.E. van Vogts »DIE EXPEDITION DER SPACE BEAGLE« sind bekannte Beispiele für »Space Operas«, die die SF geformt haben und sie auch heute noch beeinflussen. Und auch die Kinoindustrie war immer dankbar für den großen Ideenreichtum der »Weltraumopern«, wie der Erfolg von »Krieg der Sterne« als typisches Filmepos beweist.

Space Opera Doch was sind typische Merkmale einer »Space Opera«? Der Begriff wurde 1941 von Wilson Tucker geprägt und war damals als Gegenstück zur sogenannten »Horse Opera« gedacht. Während in den klassischen Western unerschrockene Siedler gen Westen zogen, neues Land entdeckten und dort von bösen Indianern und hinterlistigen Schurken bedroht wurden, so war es in der Science Fiction der Weltraum der als neuer Siedlungsraum und Handlungsrahmen herhalten mußte. Die Landkarte wies keine weißen Flecken mehr auf, und so waren die »Unerforschten Weiten«, die es auf der Erde nicht mehr gab, jetzt im Weltall zu finden.

In A.E. van Vogts »Die Expedition der Space Beagle« werden Forschungsreisen nicht mehr per Segelschiff auf See, sondern mit einem Raumschiff im Weltraum unternommen. Atlantis, die goldenen Städte von Eldorado und andere bekannte Rätsel sind nicht mehr auf der Erde zu finden, sondern im Weltraum oder in fremden Dimensionen …

In den 50er und 60er Jahren kam es zu einem Niedergang der »Space Opera«, als die Leser nicht mehr länger bereit waren, über die simplen Schwarz-Weiß-Zeichnung der Charaktere und den reinen Abenteuer-Aspekt vieler schnell und schluddrig geschriebener Romane hinwegzusehen. Das Genre hatte sich thematisch und auch literarisch weiterentwickelt. Neue Autoren hatten sich der Science Fiction angenommen, die nicht nur phantastische neue Ideen einbrachten, sondern auch viel bessere Erzähler waren. Das Profil der modernen Science Fiction gewann allmählich an Form.

Der Reiz der »Space Opera«, des großen galaktischen Dramas, war jedoch nicht verschwunden und spätestens in den 70er und 80er Jahren kam es zu einer Renaissance. Autoren wie C.J. Cherryh, Iain Banks, Dan Simmons und Peter F. Hamilton bewiesen, daß »Space Opera« und literarische Qualität sich nicht widersprechen müßen, sondern sogar sehr gut zusammenpassen und durchaus noch neue Klassiker und Überraschungen erwartet werden können … Die »Space Opera« erstrahlt als Königsdiziplin der SF in neuem Glanz und hat seitdem viele neue Facetten hinzugewonnen!

»Quest«, der neue SF-Roman des Stuttgarter Autors Andreas Eschbach, der im Mai/Juni 2001 beim Wilhelm Heyne-Verlag als Taschenbuch erscheinen wird, ist ebenfalls eine »Space Opera«. Der Roman befasst sich mit dem Rätsel des Ursprungs allen Lebens und der Jagd nach der Unsterblichkeit.

Andreas Eschbach, der in den letzten Jahren für seine Romane mit allen erdenklichen deutschen SF-Preisen ausgezeichnet wurde, führt den Leser dabei zurück in ein bekanntes Universum, die Welt der Haarteppichknüpfer. Er öffnet für uns noch einmal das kaiserliche Archiv und erzählt uns eine neue Geschichte voller Rätsel, die sich vor Jahrtausenden zugetragen hat …

SF-Fan.de hat Andreas Eschbach im November 2000 zur Entstehung von »Quest« befragt.

SF-Fan.de: »Quest« spielt ja im gleichen Universum wie Dein Romanerstling »Die Haarteppichknüpfer«. Wie kam es dazu?

  Die Haarteppichknüpfer
 
Andreas Eschbach: Ich überlege gerade, ob die Idee, aus der jetzt schließlich der Roman »Quest« entstanden ist, nicht sogar älter ist als die Idee zu den »Haarteppichknüpfern«. Ich glaube, ja. Es war auf jeden Fall eine Idee, mit der ich ziemlich viel herumgespielt habe auf der Suche nach der richtigen Form. Eine Zeitlang habe ich sogar mit dem Gedanken gespielt, ein Theaterstück daraus zu machen … naja, zum Glück habe ich das wieder verworfen. Irgendwann habe ich die Idee dann probeweise ins »Haarteppichknüpfer«-Universum verpflanzt, und siehe da – plötzlich war da ein Samenkorn in fruchtbaren Boden geraten. Plötzlich fing das Ganze an zu wachsen und zu gedeihen, eins kam zum anderen, die Idee wurde zum Romankonzept, alles paßte plötzlich zusammen. Gerade aus der Kombination mit dem bereits ausgemalten Hintergrund des »Haarteppichknüpfer«-Universums sind sehr viele grandiose Details des Romans entstanden.

SF-Fan.de: Ist »Quest« damit ein Prequel, ein Vorläufer, zu Deinem Romanerstling?

Andreas Eschbach: Eigentlich nicht. Nicht in dem Sinn, wie das bei »Star Wars« geschieht: daß die Vorgeschichte einer anderen Episode erzählt wird. »Quest« spielt lediglich zeitlich vor den Ereignissen, die in »Die Haarteppichknüpfer« geschildert werden. Man kann den einen Roman lesen, ohne den anderen zu kennen. Wobei der Spaß natürlich größer ist, wenn man beide Romane liest. Wenn ich es recht überlege, ist es nicht einmal wichtig, in welcher Reihenfolge man das tut.
Was ich hier tue, ist nichts anderes, als das Grundprinzip, das ich bei den »Haarteppichknüpfern« benutzt habe, eine Stufe höher zu wiederholen. »Die Haarteppichknüpfer« besteht aus einzelnen Kurzgeschichten, die man sowohl einzeln als auch im Zusammenhang lesen kann; beides funktioniert, aber im Zusammenhang gelesen eröffnet sich die weitergehende Vision. Mit »Quest« zusammen haben wir nun zwei Romane, mit denen das genauso ist.

SF-Fan.de: Du kündigst auf der Homepage zu »Quest« diesen Roman als »A Space Opera to end all Space Operas« an. Ist »Quest« also Dein letzter und endgültiger Beitrag zum »Space Opera«, oder wie haben wir das zu verstehen?

Andreas Eschbach: Ach, mir hat einfach der Spruch gefallen. Das sollte man nicht zu ernst nehmen. Ich glaube, heutzutage will jeder, der ausdrücklich eine »Space Opera« schreibt, eine Art endgültigen Beitrag zu dieser Gattung schaffen. Das klingt in diesem Slogan mit, aber ich erhebe diesen Anspruch nicht im Ernst. Eigentlich müßte man den Spruch mit einem Augenzwinker-Satzzeichen drucken.

SF-Fan.de: Hat die Space Opera besondere Vorteile für Dich als Autor?

Andreas Eschbach: Oh ja, klar: eine Space Opera zu schreiben ist purer, lupenreiner Spaß! Ich habe selten ein Buch mit so viel Spaß geschrieben. Es gibt kaum etwas Schöneres als ein sich über Welten und Galaxien erstreckendes Abenteuer voller Verwicklungen und überraschender Wendungen, das man zusammen mit einer Horde ungewöhnlicher Charaktere erlebt – was man ja tut beim Schreiben –;  jedenfalls hätte ich noch ewig so weitermachen können. Im Prinzip. Es war natürlich eine Geschichte zu schreiben, die in ihren Grundzügen festgestanden hat, aber davon abgesehen hat sich vieles völlig spontan entwickelt.
Dazu kommt, daß ich das Gefühl hatte, ich muß nichts beweisen. Ich habe mich selten beim Schreiben so frei gefühlt. Preise habe ich genug gewonnen, und weil »Quest« ja ausdrücklich ein Roman ist, der ins Genre Science-Fiction gehört – bei meinen anderen Büchern ist das ja teilweise Ansichtssache – ist auch von vornherein klar, daß damit keine Auflagen wie mit »Jesus Video« erzielt werden. Oder übrigens auch mit »Kelwitts Stern«, das sich zu meiner Verblüffung im Hardcover besser verkauft als viele Taschenbücher!
Also habe ich mich auch nicht unter dem Druck gefühlt, einen neuen Bestseller abliefern zu müssen. »Quest« ist einfach Fun. Purer Luxus. Wobei ich sagen muß, daß ein bißchen war auch meine Motivation, das Buch zu schreiben, mich damit bei den Science-Fiction-Lesern zu bedanken, wie mich von Anfang an so begeistert ‚adoptiert‘ haben. Ich bin deshalb auch froh, daß der Heyne-Verlag mitspielt und das Buch wirklich opulent ausstatten wird, mit wunderbaren Innenillustrationen von Thomas Thiemeyer; sogar eine Rißzeichnung wird es geben. Ich glaube, es wird ein ganz phantastisches Buch, eine Zierde für jeden Bücherschrank.

SF-Fan.de: »Quest« ist also reine SF? Worum geht es denn ungefähr in dem Roman?

  Quest, (c) Heyne Verlag
 
Andreas Eschbach: Ich habe keine Ahnung, ob »Quest« unverfälschte SF in Reinform ist… Nein, »Quest« ist einfach das Ergebnis dessen, daß ich mir gesagt habe, einmal im Leben will ich eine richtige saftige Space Opera schreiben, in der es knallt und kracht und riesige Raumschiffe durchs All donnern und so weiter. Wenn »Quest« etwas in Reinform ist, dann Lust am Abenteuer.
Worum geht es? Wir sind in der Galaxis Gheera, die den Lesern der »Haarteppichknüpfern« bekannt sein dürfte als die vergessene Galaxis des Kaiserreiches, allerdings zu einer Zeit, als das Reich von Gheerh noch existiert und alles in schönster Ordnung zu sein scheint. Doch seit einiger Zeit machen sich seltsame, unheimliche Invasoren bemerkbar, von denen man glaubt, daß sie aus einer anderen Galaxis kommen – bloß, wie es die gewaltigen Entfernungen im Weltraum nun einmal bedingen, es kann sich an einem Ort allerhand tun, ohne daß man deshalb auf weiter entfernten Welten viel davon mitbekommt. Jedenfalls, es herrscht Alarmbereitschaft. Das ist der Hintergrund.
In dieser Situation eröffnet Eftalan Quest, der Kommandant des größten Fernerkundungsschiffs der Flotte, seiner Besatzung, daß sie einen Geheimauftrag erhalten haben – nämlich, den sagenhaften Planeten des Ursprungs zu finden, auf dem alles Leben im Universum einst seinen Anfang genommen hat. Und darum geht es: um die Suche nach diesem Planeten, von dem niemand weiß, wo er ist, und den noch nie jemand gefunden hat – von dem man nur weiß, daß es ihn geben muß.

SF-Fan.de: Nun hat sich ja mit Thomas Thiemeyer der Glücksfall ergeben, daß Du mit einem der besten SF-Illustratoren quasi Tür an Tür wohnst …

Andreas Eschbach: Das ist insofern ein Glücksfall, als Thomas ein überaus sympathischer Mensch ist und wir uns auf diese Weise öfter auf ein Bier treffen können. Für die Art der Zusammenarbeit ist es aber bedeutungslos: er hat das Manuskript bekommen und gelesen und malt die Bilder, die ihm dazu in den Sinn kommen – die nicht unbedingt die Bilder sind, die ich vor Augen hatte; mitunter nicht mal die Bilder, wie sie im Roman beschrieben sind, aber er nimmt sich eben die Freiheit, das zu malen, was er für richtig hält, und ich finde das gut so – und wenn er ein Bild fertig hat, schickt er mir einen Scan per Email. Was das anbelangt, könnte er also genausogut in Hawaii leben, das würde genauso funktionieren.

SF-Fan.de: Vom wem wird die Rißzeichnung gestaltet, die Du erwähnt hattest?

Andreas Eschbach: Von einem der Perry Rhodan-Rißzeichner, und zwar Georg Joergens. Die Idee, eine Rißzeichnung in das Buch aufzunehmen, hatte der Herausgeber, Sascha Mamczak, und weil es den Beruf des Raumschiffs-Rißzeichners ja eigentlich nicht gibt – man müßte sich mal so bewerben auf dem Arbeitsamt, die würden Augen machen … – haben wir die Perry Rhodan-Redaktion gebeten, uns einen ihrer Zeichner zu »leihen«. Was die auch gern gemacht haben. Das heißt, natürlich haben sie diesen Wunsch nur an die Zeichner weitergeleitet, und einer hatte eben Zeit und Lust, was zu machen. Weil uns das alles quasi in letzter Minute eingefallen ist, hatte Georg Joergens allerdings keine Zeit mehr, den Roman vorher zu lesen, sondern mußte nach meinen Vorgaben und Beschreibungen arbeiten. Wenn die Rißzeichnung nachher also nicht genau mit allen Schilderungen im Roman übereinstimmt – ich hab‘ sie noch nicht gesehen – dann ist das auf jeden Fall meine Schuld, nicht seine.

SF-Fan.de: Du scheinst im letzten Jahr sehr fleißig gewesen zu sein, denn bereits dieser Tage ist von Dir der Roman »Die Marskinder« im Arena Verlag, Würzburg erschienen. Ein Jugendroman! Wie kam es denn dazu und wovon handelt das Buch?

Andreas Eschbach: Das stimmt, ich war ziemlich fleißig. Darum mache ich jetzt auch erst einmal eine Verschnaufpause … Mal sehen, wie lange ich es aushalte.
Ein Jugendroman, ja. Warum nicht? Als ich selber noch ein Jugendlicher war, habe ich fast ausschließlich Jugendromane geschrieben, und mal ehrlich, wann hat Lesen denn je wieder so viel Spaß gemacht wie als Zwölfjähriger mit Enid Blytons »Fünf Freunden«? Meine »Marskinder« sind im Prinzip meine »fünf Freunde« auf dem Mars – nur daß es vier Freunde sind, die ersten vier Kinder nämlich, die auf dem Mars geboren sind und für die der rote Planet die Heimat ist und die Erde ein fremder Stern. Der Roman schildert ihr Leben unter den Marssiedlern und ihre Abenteuer, als die Erdregierung beschließt, die Erforschung des Mars einzustellen, aus Kostengründen natürlich, wie Regierungen das nun mal gern tun.
Zustande kam das Ganze auf eine Weise, von der ich nie geglaubt hätte, daß ich oder irgendjemand das mal erleben würde: indem sich nämlich ein Verlag bei einem Autor gemeldet hat mit dem Wunsch, er möge doch einen Roman schreiben. Konkret gesagt hat eines Tages eine Lektorin des ARENA-Verlags bei mir angerufen und gefragt, ob ich mir vorstellen könne, SF für Jugendliche zu schreiben. Ich war so geistesgegenwärtig zu sagen, daß ich mir das nicht nur vorstellen kann, sondern sogar schon gemacht habe. Was sie ziemlich verblüfft hat; ich mußte ihr dann erklären, womit ich meine Jugend verbracht habe … Ich hatte völlig freie Hand; die einzigen Bedingungen waren, daß es SF sein sollte und eben für die Altersgruppe dreizehn bis sechzehn. Aber damit kann man leben. Ich habe dann ein paar Vorschläge gemacht, wobei ich von vornherein die Idee mit den »Marskindern« favorisiert habe, und darauf haben wir uns dann auch geeinigt.
Ich hoffe, daß ich Gelegenheit bekomme, diesen Roman zu einer ganzen Reihe auszubauen. Seit er nämlich fertig ist, sprudeln die Ideen für Folgebände nur so, und irgendwo muß ich ja hin damit. Aber natürlich hängt das davon ab, wie sich das Buch verkauft, also schauen wir mal.

SF-Fan.de: Lange Zeit glaubten viele, daß die deutsche und überhaupt die europäische Science Fiction keine Überlebenschancen hat und sowieso kaum existent ist. Nun scheint sich das langsam zu ändern. Du bist z.B. Ende Oktober 2000 für die französische Ausgabe der »Haarteppichknüpfer« beim Festival der Science Fiction in Nantes ausgezeichnet worden, eine italienische Ausgabe dieses Romans ist ebenfalls angekündigt.
Wird in den kommenden Jahren die europäische SF endlich ihre Renaissance erfahren? Immerhin waren bereits die SF-Werke von Jules Verne weltweite Bestseller …

Andreas Eschbach: Ich wage da keine Prognose. Ich hoffe allerdings, und ich glaube, es besteht auch einiger Anlaß zu hoffen. Letztes Jahr sind einige hervorragende neue Talente in Deutschland aufgetaucht, Barbara Slawig etwa oder vor allem Michael Marrak – na gut, der ist schon eine Weile da, aber jetzt hat er mit seinem »Lord Gamma« so etwas wie sein Meisterstück vorgelegt. Und dabei wird es sicher nicht bleiben. Mein Gefühl ist, daß wir ziemlich weit unten sind, aber daß es aufwärts geht.
Ein weiterer Anlaß zur Zuversicht ist ein sich zart anbahnendes Interesse daran, was eigentlich andere europäische Länder an SF hervorbringen. Man muß sich das mal vorstellen – da gibt es in Italien einen Mann namens Valerio Evangelisti, der dort so etwas ist wie Wolfgang Jeschke in Deutschland, Mister Science-Fiction, und hierzulande kennt man nicht einmal den Namen! Hierzulande erfahren wir, wann irgendein zweitklassiger amerikanischer SF-Autor Schnupfen hat, aber wir wissen nicht, daß in Frankreich ein Jean-Marc Ligny mehrfach preisgekrönte Romane schreibt, ein Jean-Claude Dunyach oder ein Ayerdahl hochgelobte SF publizieren, ein Pierre Bordage populärer ist als Terry Pratchett! Da haben die UTOPIA-Festivals in Poitiers und in Nantes Entscheidendes geleistet. Man kennt sich jetzt mal zumindest, auch wenn ich von den meisten, die ich jetzt kenne, noch nichts gelesen habe, wie auch? Aber wenn man mal blinzelt und sich die Augen reibt, dann sieht man, was für ein unhaltbarer Zustand das ist.
Wobei – daß man anfängt, das zu merken, ist schon ein Fortschritt. Mein Gefühl ist, daß man, wenn man mal einen Überblick über die SF-Produktion in den europäischen Ländern hat, feststellen wird, daß es eine sehr bunte Landschaft ist, daß die Stimmen sehr unterschiedlich sind – daß es aber, davon bin ich überzeugt, so etwas wie einen europäischen Unterton gibt, eine Sichtweise, die spezifisch europäisch ist. Es würde mich wundern, wenn es anders wäre.
Man darf bei allem nicht vergessen, daß es in erster Linie darum geht, ein Publikum zu interessieren, zu begeistern und neugierig zu machen auf mehr. Wenn das gelingt, geht es aufwärts. Und Entschuldigung, aber vieles von dem, was so veröffentlicht worden ist unter dem Etikett SF in den letzten Jahren, war nicht dazu angetan, zu interessieren, und zu begeistern schon gar nicht. Es wundert mich gar nicht, daß die meisten Leute eher ins Klo greifen als nach einem Buch, auf dem »Science Fiction« steht. Deswegen ist die literarische Qualität, wenn ich diesen Begriff hier mal kühn in die Debatte werfen darf, der Dreh- und Angelpunkt der künftigen Entwicklung.