Filmkritik: »Jurassic World« (2015) – Eine gelungene Rückkehr der Dinos!

Poster Jurassic World»Das Leben findet immer einen Weg« meinte Jeff Goldblum alias Dr. Ian Malcom in JURASSIC PARK (1993) und den Zuschauern wird bald klar, dass sich das in JURASSIC WORLD (2015) nicht geändert hat.

Was in JURASSIC PARK dem Multimilliardär John Hammond (Richard Attenborough) nicht gelungen ist, wurde 22 Jahre später in JURASSIC WORLD realisiert. Ein High-Tech Themenpark voller Dinosaurier und Attraktionen, die Touristen aus aller Welt in Erstaunen versetzen und den Investoren volle Taschen bescheren. Operative Managerin ist Claire (Bryce Dallas Howard), die stets perfekt gekleidet und mit Smartphone bewaffnet für einen reibungslosen Ablauf der »Jurassic World« sorgt. So ist sie zunächst auch nicht begeistert, als ihr von ihrer Schwester die beiden Neffen Neffen Zach (Nick Robinson) und Gray (Ty Simpkins) für ein Wochenende anvertraut werden. Damit das Unternehmen weiterhin genügend Urlauber anzieht, müssen laufend neue Tiere gezeigt werden und deshalb experimentieren die konzerneigenen Wissenschaftler mit einen Hybriden, einem Saurier der zuvor noch nie existiert hat. Zoomitarbeiter Owen Grady (Chris Pratt), dem es durch Training gelungen ist halbdomestizierte Velociraptoren zu schaffen, ist von diesen Plänen wenig begeistert und schon bald beginnen sich seine Prophezeiungen zu bewahrheiten.

Die Entstehungsgeschichte des vierten Teils zog sich über 14 Jahre mit vielen Entwürfen, möglichen Regisseuren und Drehbuchautoren hin. Mal war geplant mit den alten Schauspielern direkt an den dritten Teil anzuschließen, dann wieder stand ein kompletter Reboot im Raum.
Geworden ist es ein vierter Teil (mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine weitere Fortsetzung) mit einer komplett neuen Besetzung der nur lose auf der Vorgänger-Trilogie basiert. Einzig Bradley Darryl Wong ist als Dr. Henry Wu wieder mit an Bord. Am Regiestuhl saß diesmal mit Colin Trevorrow ein ziemlicher Neuling, der bis jetzt nur an sechs (kleinen) Produktionen gearbeitet hat. Mit einem geschätzten Budget zwischen $ 150 – 180 Mill. ein mögliches Risiko für das Studio, doch Film-Urgesteine wie Frank Marshall als Produzent und Steven Spielberg als Ausführender Produzent hatten sicherlich ein wachsames Auge über die Finanzen.

»Ein wesentlicher Aspekt aller Jurassic-Filme sind die starken Figuren. Im Grunde treiben sie die Story vorwärts« meinte Produzent Patrick Crowley in einem Interview. Das mag für den neuen Film gelten, aber nicht für die alten Teile (was aber nur bedingt an den Schauspielern lag, sondern einfach an den schwachen Drehbüchern). Der familienfreundliche Möchtegernhumor, die Erwachsenen, die auch in der gefährlichsten Situation ihre Beziehungsprobleme diskutieren, in Kombination mit den nervigsten Kindern der Filmgeschichte haben das Filmvergnügen deutlich geschmälert.

Glücklicherweise ist das diesmal alles anderes und die Drehbuchautoren haben gemeinsam mit dem Castingteam ordentliche Arbeit abgeliefert. Die grandiose Bryce Dallas Howard als Parkmanagerin ist nie die eiskalte herzlose Bitch, aber ihr Job steht von Anfang an auf Platz eins ihrer Prioritätenliste. Erst im Verlauf der Handlung überzeugt sie durch eine glaubwürdige Entwicklung von der Karrierefrau und Tante wider Willen zu einer Art Light-Version von Ellen Ripley. Freunden des Phantastischen Genres dürfte sie keine Unbekannte sein, hat sie doch in zahlreichen Produktionen wie THE VILLAGE (2004), DAS MÄDCHEN AUS DEM WASSER (2006), SPIDER-MAN 3 (2007) oder TERMINATOR: DIE ERLÖSUNG (2009) mitgewirkt. Dass sie auch in anderen Genres brillieren kann bewies die gelernte Theaterschauspielerin mit Auftritten in HEREAFTER – DAS LEBEN DANACH (2010) oder THE HELP (2011).

Der Rolle des männlichen Helden übernimmt mit Chris Pratt auch kein Unbekannter. Nach der High School war er zunächst im Comedybereich tätig und arbeitete sich durch Film- und Fernsehproduktionen, bis er mit GUARDIANS OF THE GALAXY (2014) seinen großen Durchbruch feierte. Seine Figur als verwegener Dinosaurierflüsterer spielt er gekonnt mit einer Portion Schelm im Nacken und wenn er auf seinem Vintage Bike durch den Urwald brettert, kommen keine Zweifel auf wer der Nachfolger von Harrison Ford als Indiana Jones sein sollte.

Überaus angenehm aufgefallen sind die beiden jungen Darsteller Nick Robinson und Ty Simpkins. Männliche (Teenager-)Coolness steht hier nur zu Beginn im Vordergrund, schon bald entwickelt sich eine verantwortungs- und liebevolle Beziehung zwischen den Brüdern. Dass sich die beiden am Set gut verstanden haben sieht man auf der Leinwand, denn sie spielen ihren Rollen vollkommen authentisch und wirken in keiner Szene als würden sie von Erwachsenen geschriebene Sätze aufsagen.

Natürlich entsprechen die Charaktere den Vorgaben einer Mainstreamproduktion dieser Größenordnung (die Businessfrau, der wissenschaftskritische Haudegen, der technikgläubige Wissenschaftler, der bedingungslose Militarist etc.) doch sind sie über weite Teile vielschichtig genug um diese Schablonen überzeugend mit Leben zu füllen.

JURASSIC PARK (1993) war genauso wie TERMINATOR 2 (1991) ein Höhepunkt in der Welt der CGI (Computer Generated Images) und auch wenn der neue JURASSIC WORLD keinen Quantensprung mehr darstellt, ist es noch immer beeindruckend zu sehen, welche deutlichen Fortschritte die Technik gemacht hat. Die Texturen der Saurier sind perfekt gelungen, die Bewegungen sind geschmeidig und organisch. Zum ersten Mal wirken, dank der gelungen Animation, die Velociraptoren tatsächlich bedrohlich und das Animatronik noch nicht zum alten Eisen gehört, zeigt dieser Film einmal mehr. Einzig und allein die CGI des Walsauriers wirkt etwas künstlich. Der Film wurde nachträglich in 3D konvertiert, gehört aber zu den Positivbeispielen und speziell auf der großen IMAX-Leinwand wirken dadurch viele Szenen noch atemberaubender. JURASSIC WORLD wurde übrigens – was im 4K Digitalzeitalter selten ist – auf 35mm und 65mm gedreht.

Regisseur Colin Trevorrow erfindet das Rad zwar nicht neu und Inspirationen aus diversen Filmen – auch ALIENS (1986)! – kann man erkennen, aber er macht daraus spannende und unterhaltsame 124 Minuten. Claire Dearing in ihrer Funktion als oberste Parkmanagerin macht es zu Beginn des Films gleich klar: »People want everything louder and bigger« und an diese Vorgabe hält sich der Film und in manchen Szenen wird man gar an die Gigantomanie einer Asylum Produktion erinnert. Politisch korrekt muss natürlich auch ein kritischer Unterton mit verpackt werden, so werden im Zuge des Neoliberalismus die Dinosaurier ständig als »Assets« bezeichnet, dem Profit unterworfene genetische Experimente kritisiert und die Businessfrau erkennt, dass der Job nicht alles im Leben ist. Obwohl der Film eine FSK-12-Einstufung hat, kommt er wesentlich erwachsener als die Vorgängerfilme daher und Colin Trevorrow macht – genauso wie sein Kollege James Cameron – nicht den Fehler sich ausschließlich auf grandiose Spezialeffekte zu verlassen. Der infantile Humor hält sich diesmal glücklicherweise in Grenzen und der Film bietet dichte und vor allem spannungsvolle Szenen mit einigen unerwarteten Twists und packender Action die den Zuseher nicht erdrückt.

JURASSIC WORLD hat das Zeug zum wohlverdienten Sommerblockbuster zu werden; vorerst mal bis zum 9. Juli 2015, denn dann startet TERMINATOR: GENISYS.

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Länge: 124 Min.
Altersfreigabe DE + AT: 12 Jahre
Kinostart: DE + AT: 11. Juni 2015