Michael Marrak – Die Stadt der Klage

Die Stadt der Klage, (c) Edition Mono

edition mono, TB
ISBN 3-9500731-0-8
Originalausgabe
Umschlaggestaltung von Malte Schulz-Sembten & Michael Marrak
Stockerau September 1997, 26.80 DM, 312 Seiten

Michael Marrak, der mir vor einigen Jahren als Zeichner phantastisch-skurriler Werke auffiel (die ich auch sehr schätze – nicht umsonst entwarf er auch die Urkunde für den SFCD-Literaturpreis), widmete sich in den letzten Jahren verstärkt seiner schriftstellerischen Karriere (u.a. im Magazin ZIMMERIT und der Sammlung »Grabwelt«) und nun liegt in der »edition mono« (vielleicht besser bekannt durch das Magazin »monochrom«) sein erster Roman als Taschenbuch vor.

Hyppolit Krispin, ein Ägyptologe aus Rumänien, trifft am Tag vor seiner Abreise aus Ägypten (nach einer erfolgreichen Ausgrabung) auf die wunderschöne Aischa und erliegt sehr bald ihrer erotischen Ausstrahlung.

Am nächsten Tag wacht er auf einer Wiese vor dem Hotel auf, wird jedoch alsbald von einem Unbekannten in eine faszinierend unbekannte, grausige und erschreckende Welt entführt, die zwar scheinbar in den Wolken liegt, aber andererseits, wie Krispin feststellt, ungeheure Ausmaße aufweist.
Dort trifft er wieder auf Aischa, die sich nun als Chensit zu erkennen gibt (und sich als Mensch-Schlange-Hybrid herausstellt), und ihn in einem Turm gefangen hält. Auf der Flucht aus seiner Gefangenschaft muß Krispin durchwandert er fantastische Welten, die voller absonderlicher Wächter und armer Sünder sind. Diese Welt ist ein Inferno, die Hölle in all ihrer Abscheulichkeit, und Krispin ist darin gefangen, aber noch kämpft er gegen die offensichtliche Erkenntnis an und versucht sich daraus zu befreien…

Michael Marrak schafft hier eine skurrile Bilderwelt, in die Krispin hineingeworfen wird, und manchmal wünscht man sich geradezu, daß das Grauen im Kopf als Bild auf Papier gebannt wäre. Michael beweist mit diesem Roman, daß er mit Worten ähnlich geschickt umzugehen vermag, wie mit seiner Tuschfeder.

Wollte man sich auf einen Vergleich mit SF-Motiven versteifen (und jetzt wird’s für manchen sicher amüsant), so ist dieser Roman so, als ob eine Figur aus Philip José Farmers »Flußwelt« dazu verdammt wäre eine Art Labyrinth (oder »Dungeon« wie in der von Farmer konzipierten Romanreihe) zu durchschreiten, das jemand mit einem Hang zu Giger und DOOM entworfen hat.

Man könnte aber auch einfach sagen, daß hier Dantes »Göttliche Komödie« als Grundlage gedient hat. Doch Marraks Helden erwartet am Ende kein Paradies, keine Erlösung.

»Die Stadt der Klage« ist ein fast schon klassischer Phantastikroman (und meiner Meinung nach keineswegs dem Horror-Genre zuzurechnen, wie manch anderer Rezensent meinte) der den Leser in die Bilderwelt von Michael Marrak hinabzuziehen versucht. Ein faszinierender Roman und ein phantastisches Leseerlebnis.