Filmkritik: »Being John Malkovich« (2000)

Der verheiratete Puppenspieler Craig Schwartz entdeckt im 7.5 Stockwerk eines New Yorker Hochauses einen Tunnel, der direkt in das Bewußtsein des Schauspielers John Malkovich führt. Deutschlandstart: 4. Mai 2000

Craig Schwartz (John Cusack) ist ein sehr talentierter Puppenspieler, aber viel Geld verdient er durch sein künstlerisches Puppentheater auf den Straßen von New York nicht. Seine Frau Lotte (Cameron Diaz), die in einer Tierhandlung arbeitet (und auch daheim zahlreiche Tiere hält), rät ihm sich einen anständigen Beruf zu suchen.

Und tatsächlich findet Craig schnell eine Stelle, die laut Anzeige viel Fingerfertigkeit (die er ja als Puppenspieler besitzt) erfordert. Die Firma LesterCorp. befindet sich allerdings im 7.5 Stockwerk eines Hochhauses und ist nur per Nothalt vom Aufzug aus zu erreichen. Zwar beträgt dort die Raumhöhe nur 1.60 m, und alle müssen sich gebückt bewegen, aber ansonsten herrscht dort ganz normaler Büroalltag. Craig bekommt natürlich die Stelle als Aktensortierer. Und bei einer ersten Einweisung in die Geheimnisse des 7.5 Stocks lernt er die bezaubernde Maxine (Catherine Keener) kennen, die ihn von Anfang an verzaubert.

Durch einen Zufall entdeckt Craig eines Tages hinter einem Aktenschrank einen seltsam aussehenden Tunnel, der ihn, als er hineinkriecht, für genau 15 Minuten in das Bewußtsein des Schauspielers John Malkovich bringt und nach Ablauf dieser Zeit am Rande von New York an einer Autobahnausfahrt wieder ausspuckt.

Das verrückte Abenteuer nimmt seinen Lauf, als Craig zusammen mit der geschäftstüchtigen Maxine beginnt den 15-minütigen Besuch im Kopf von John Malkovich zu vermarkten. Auch Lotte Schwartz entdeckt zusammen mit Maxine im wahrsten Sinne des Wortes die Lust an John Malkovich… Doch da entdeckt John Malkovich den Tunnel!

Im Aufzug
Maxine (Catherine Keener) und Craig (John Cusack) im 7.5 Stock – da stoßt man sich leicht den Kopf…

 

Lester und Schwartz
Dr. Lester (Orson Bean) und Craig bei den Aktenschränken

Der Ausgang
Craig Schwartz wartet am Rande von New York am Ende des Tunnels…

 Maxine

 

Maxine (Catherine Keener)
 

»Being John Malkovich« ist einer der verrücktesten und skurrilsten Filme, die ich je gesehen habe. Charlie Kaufman und Spike Jonez erzählen mit nur wenigen Spezialeffekten eine Geschichte, die so ideenreich ist, daß man sich doch fragen muß, warum sie keinen Oscar gewinnen konnte. An den Schauspielern kann es nicht gelegen haben, denn was sie leisten ist einfach unglaublich. John Malkovich und John Cusack, die ja schon bei »Conair« gemeinsam vor der Kamera standen, laufen zur Höchtform auf. John Cusack ist mit langen Haaren und Bart kaum noch wiederzuerkennen, und spielt überzeugend den verkannten und enttäuschten Künstler. John Malkovich hingegen, der sich ja selbst darstellt, wird zu einem Meister der Verwandlung und des Ausdrucks, den Höhepunkt stellt allerdings die Szene dar, als John Malkovich selbst den Tunnel nutzt und überall nur noch John Malkovichs sieht… Wunderbar komisch sind aber auch die immer wieder stattfindenden Begegnungen mit seinem Kollegen und Freund Charlie Sheen.

Catherine Keener ist bisher noch wenig bekannt, aber in »Being John Malkovich« sticht sie ihre Kollegin Cameron Diaz locker aus. Als Maxine ist sie das Ziel der Begierde, während Cameron Diaz als Lotte eher ein wenig farblos bleibt (was vielleicht auch daran liegt, daß sie auf einen Großteil des Makeups verzichten musste und so ganz anders wirkt als in »Verrückt nach Mary«…). Maxine ist die selbstbewußte Frau, die letztendlich das Ende des Films mitbestimmt.

Maxine und Malkovich
Maxine vergreift sich an John Malkovich…
Lotte
Lotte Schwartz (Cameron Diaz)

 

John Malkovich
John Malkovich


Malkovich
Manchmal muß man auch zur Frau werden…

Ach ja, einen kleinen Fehler hat »Being John Malkovich« dann letztlich doch. Das Ende des Films ist leider nicht das I-Tüpfelchen dieser Tour de Force durch den Wahnsinn, sondern in meinen Augen ein eher mittelmäßiger Abschluß. Doch das trübt den Genuß nicht sehr, denn die ersten 90% des Films gehören mit zum Besten, was man in den letzten Jahren im Kino zu sehen bekam! Absolut sehenswert!
BEING JOHN MALKOVICH (1999)
Regie: Spike Jonez
Drehbuch: Charlie Kaufman
Produktion: Michael Stipe, Sandy Stern, Steve Golin und Vincent Landay
Produktionsdesign: K.M. Barrett
Musik: Carter Burwell

© Florian Breitsameter (Text), UIP & Imagenet (Bildmaterial)