Filmkritik: Casshern

SF-Film von Kazuaki Kiriya, Japan 2004, 142 Min.
Mit Yusuke Iseya, Akira Terao, Kumiko Aso u.a.
DVD (Universe/HK), Japanisch 5.1 mit engl. UT, Bild: 2,35:1 anamorph.
Japanischer Trailer zu Casshern (Quicktime, 15,3 MB)

Langsam kann man wohl von einem Trend sprechen, auch dieser Film entstand nahezu vollständig vor einer Green-Screen, so dass die Schauspieler nicht vor und in Kulissen, sondern in vom Computer generierten Bilderwelten agieren, wie in den US-Produktionen „Sky Captain and the World of Tomorrow (2004)“ und „Sin City (2005)“.Der aufwändige „Casshern“ (Kosten: 5 Mrd. Yen, das sind ca. 36 Mio Euro) stellt das Regie-Debüt eines Video-Clip Regisseurs dar und basiert auf einer eher wenig bekannten japanischen Anime-TV-Serie namens ‚Robot Hunter Casshan‘ (35 Episoden) aus den Jahren 1973/1974, die im Jahre 1993 bereits ein Remake als OVA in vier Episoden mit dem Titel ‚Casshan: Robot Hunter‘ erhalten hatte.

Casshern Kinoposter

Großes Bild»Casshern« (Japan, 2004)


Inhalt
:
In naher Zukunft hat die asiatische Förderation einen langen und blutigen Krieg gegen die eurasische Föderation praktisch gewonnen und herrscht jetzt dort, nach wie vor regt sich aber Widerstand. Der Wissenschaftler Dr. Azuma (Akira Teraro) arbeitet an einem Projekt mit dem Namen „Neo-Zellen“, mit welchem man Körperteile und ganze Menschen wieder regenerieren kann, auch, weil seine Frau krank ist. Als eines Tages der Blitz im Labor einschlägt entsteigt den Gen-Tanks von Dr. Azuma plötzlich eine Gruppe von Mutanten mit übersinnlichen Kräften und flieht, da das Militär sie vernichten will. Die Mutanten fliehen in die Berge, finden ein Schloss mit einer Fertigungsstätte für Kampfroboter, nennen sich Neo-Sapiens und schicken diese Roboter, um die Menschen zu vernichten, die sie schlecht behandelt haben.

Inzwischen ist Dr. Azumas Sohn (Yusuke Iseya), der kurz vor seiner Hochzeit mit der schönen Luna (Kumiko Aso) stand, im Krieg gefallen, wird von ihm wiederbelebt und besitzt nun ebenfalls Superkräfte, die nur von einem speziellen Anzug kanalisiert werden können. Er bricht nun auf, um die Welt vom Krieg zu befreien und nennt sich Casshen.

Szenenfoto Casshern


Kritik
: Die obige Zusammenfassung enthält nur die wichtigsten Plot-Elemente und dürfte sich so schon reichlich konfus lesen. Dies ist leider gleich eines der Hauptprobleme des Films, die erzählte Geschichte ist reichlich verworren, übertrieben kompliziert und jongliert mit viel zu vielen Charakteren, so dass man mit kaum jemandem, außer dem Titelcharakter, mitfiebern kann.

Der Film macht gleich zu Anfang den Fehler, die Zuschauer zu abrupt in eine Welt werfen, die auf einer zu komplizierten Prämisse besteht, so dass man nie ganz in diese Welt hinein kommt und sich dort nie heimisch fühlt. Dies liegt aber auch daran, weil die visuelle Umsetzung nicht zu überzeugen vermag. Viele Bilder sind durchaus faszinierend, insgesamt ist aber kein koheräntes Konzept erkennbar, so dass eine große Beliebigkeit entsteht und man nie das Gefühl hat, eine stimmige und geschlossene Welt präsentiert zu bekommen. Dabei ist es auch wenig hilfreich, dass die CGI-Bilder selten „echt“ wirken und man so nie ganz die Künstlichkeit des Geschehens ausblenden kann.

Casshern

Am schwersten wiegt aber, dass der Regisseur mit übermäßig vielen Amibitionen an das Projekt heran gegangen ist und sich sichtlich verhoben hat. Große Themen werden angesprochen und dies meinte Kazuaki Kiriya mit bedeutungsschweren Szenen untermalen zu müssen, das Resultat ist aber leider, dass fast durchgehend seine Charaktere nicht sprechen, sondern proklamieren und in statischen Tableaus wie in schlechteren Shakespeare-Verfilmungen gefangen sind, die jegliche Dynamik und Dramatik austreiben. Und damit wären wir beim Kern-Problem: Trotz teilweise toller Bilder und einiger Action-Szenen ist „Casshern“ leider recht langatmig, weil einen mangels Charakterisierung schlicht nicht groß interessiert, was da passiert und die nicht eben kurze Laufzeit von 142 Minuten tut dann ihr übriges.

Vieles wirkt recht unausgegoren, neben einer übermäßig verworrenen Geschichte und einem wenig geschlossenen visuellen Gestaltung will auch der musikalische Stilmix (von Klassik bis Hardrock) nicht so recht passen und selbst politisch wirft der Film Rätsel auf: Warum müssen die abtrünnigen Neo-Sapiens eigentlich ausgrechnet sich mit nur wenig abgewandelten Hakenkreuz-Flaggen schmücken, wo es doch mehr um Underdogs und gerade nicht um Übermenschentum geht?

Die teilweise sehr erfahrenen Schauspieler tun ihr bestes, kommen aber nur wenig gegen das verworrene Drehbuch und die nicht überzeugenden Bilder an, so dass sie keinen besonderen Eindruck hinterlassen können, handwerklich ist der Film allenfalls Mittelmaß, insbesondere Kamera und Montage (beide ebenfalls: Kazuaki Kiriya) tragen teilweise zum verworrenen Eindruck bei und können nur in einigen wenigen, den Anime-Bilderwelten entlehnten Action-Szenen überzeugen.

Unterm Strich retten einige schöner Bilder den Film nicht davor, eine unausgegorene, langatmige Enttäuschung zu sein, so dass sein recht „gutes“ Abschneiden bei den japanischen Razzie-Nominierungen nicht verwundert.

Punkte: 4/10

Die DVD
von Universe aus Hong Kong bietet (außer dem „Star File“) keine Extras, dafür aber ein ordentliches Bild. Der japanische Originalton liegt in DD 5.1 und DTS 5.1 vor, ferner kann man Untertitel auf Chinesisch (Kurz- und Langzeichen) und Englisch hinzuschalten.

Hinweis: Diese Filmkritik erschien ursprünglich am 21. Februar 2005 im Weblog von Oliver Naujoks »Film und Buch«.