Filmkritik: »Ender’s Game« (2013) – Ender Wiggin allein gegen die Feinde der Erde

Die Erde lebt in ständiger Angst vor einem erneuten Angriff von Außerirdischen – 50 Jahre ist es inzwischen her, dass Formics, ameisenartige Wesen aus dem All, versuchten, die Erde zu erobern. In der verzweifelten Abwehrschlacht kamen Millionen von Menschen um und seitdem ist es die oberste Politik der Weltregierung, einem erneuten Angriff ein für alle Mal vorzubeugen.
Von allen Kindern weltweit werden die klügsten und begabtesten ausgesucht und für die International Fleet rekrutiert – die intergalaktische Luftwaffe, die den Kampf gegen die Aliens ausfechten soll. Seit Jahren ist die Suche nach einem Anführer der Armee, der dieser übermenschlichen Aufgabe gewachsen ist, vergeblich gewesen. Doch nun ist Oberst Hyram Graff (Harrison Ford), Leiter des Ausbildungsprogramms, überzeugt: der zwölfjährige Andrew »Ender Wiggin« (Asa Butterfield) ist der Richtige! Auf der Battle School soll er als einer der künftigen Anführer der Flotte ausgebildet werden. Die »Schule« ist eine gigantische Raumstation, die die Erde umkreist und die Ausbildung anders, als es sich Ender vorgestellt hat…

Orson Scott Cards Roman »Das große Spiel« (OT: »Ender’s Game«) erschien erstmals 1985 und wurde bei den Lesern schnell sehr beliebt. Noch im gleichen Jahr wurde das Werk von den amerikanischen SF-Autoren mit dem Nebula-Award als »Bester Roman« ausgezeichnet, im Folgejahr errang es außerdem den Hugo-Award. Die Geschichte um Andrew »Ender« Wiggin wurde später von Orson Scott Card sehr erfolgreich mit »Sprecher für die Toten« und weiteren Romanen fortgesetzt, und mit der Shadow-Serie sogar noch einmal aus einer anderen Sichtweise erzählt. Nichtsdestotrotz bleibt »Das große Spiel« sicher Orson Scott Cards bekanntestes Werk.
Kein Wunder also, dass schon seit Jahren über eine Verfilmung nachgedacht wurde – 2002 arbeitete z.B. Wolfgang Petersen längere Zeit als Regisseur an einer Filmfassung. Ein Problem waren sicher damals die ungeheuren Kosten, die für dieses Projekt angesetzt waren, und die erst heute, mit dem preiswerten Einsatz digitaler Filmtechnik in den Griff zu bekommen waren. Die heutige Verfilmung beruht außerdem nicht mehr auf dem ursprünglich von Card selbst vorgelegten Entwurf, sondern auf einem vom aus Südafrika stammenden Regisseur Gavin Hood selbst verfassten Drehbuch. Dieses hält sich in vielen Punkten sehr eng an die Buchvorlage, verzichtet allerdings auf einen im Buch wichtigen Erzählstrang auf der Erde, der die politischen Prozesse um Andrews Geschwister Peter und Valentine zum Thema hat.

Kinoposter zu Ender's Game»Ender’s Game« ist einer der Filme dieses Jahres, von denen man sich eigentlich nicht viel erwartete. Die Trailer wirkten allesamt überraschend uninteressant und uninspiriert – und so rechnete ich eigentlich mit einem Rohrkrepierer. Außerdem verpflichtete der Verleih alle Besucher der Pressevorführung eine Sperrfrist einzuhalten, bis zu der keine Filmkritiken erscheinen dürfen. Nun sind solche Sperrfristen meist ein sicheres Zeichen für einen Film, an den das Studio selbst nicht glaubt. In diesem Fall aber ist diese Sorge unbegründet, denn die Verfilmung von »Ender’s Game« ist überraschenderweise gut gelungen und insgesamt ist es eigentlich ein grundsolider Science-Fiction-Film geworden.
Zum einen hält sich der Film in seiner Erzählart sehr eng an den Roman, er schildert uns ausführlich Enders Weg aus der Akademie der International Fleet auf der Erde bis zu seinem Einsatz im Weltraum aus der Sicht von Ender. Da die politische Rahmengeschichte um Enders Geschwister im Film keine Rolle spielt, konzentriert sich der Film völlig auf seine Hauptfigur und seinen Ausbilder. Und da Asa Butterfield (»Hugo Cabret«) es schafft den verschlossenen und insgesamt vielen Zwängen unterworfenen Jungen glaubhaft darzustellen und Harrison Ford (»Indiana Jones«, »Blade Runner«) als Oberst Hyram Graff ebenfalls eine solide Performance abliefert, erlaubt sich der Film hier keine Schwächen. Gut umgesetzt wurden auch die Ausbildungskämpfe in der Schwerelosigkeit des Kampfraumes der Battle School und die virtuellen Schlachten in der Simulation.

Die Probleme, die der Film unweigerlich aber hat, stammen aber fast unisono aus der Buchvorlage – vor allem wird es kaum verständlich – obwohl es manchmal natürlich verklausuliert gesagt wird – warum ausgerechnet Kinder hier die besseren Flottengeneräle sein sollen. Und zum anderen konzentriert sich alles extrem auf Ender. Klar, es ist sein großes Spiel, um das es hier gehen soll, aber keine andere Figur erhält hier die Chance wirklich Charisma oder Tiefe entwickeln. Insofern fühlt sich der Film kleiner an, als er eigentlich ist. Wer das überraschende Ende nicht schon vom Roman kennt, wird diese Beengung auf Ender sicher noch ein weniger mehr als Problem des Films empfinden, denn je länger der Film dauert, umso mehr wird er zu einer absoluten One-Child-Show. Aber ich sage es nochmals: »Ender’s Game« ist ein solider Science-Fiction-Film geworden. Sicher kein Blockbuster, aber gute Unterhaltung für SF-Fans.

Deutscher Kinostart ist am 24. Oktober 2013

3 Kommentare

  1. Ich fand Sperrfristen eigentlich immer nur abhängig vom Verleiher und von der Größe des Projekts, nie von der Qualität des Films. Außerdem hatte ich mal irgendwo gehört, dies diene vor allem dazu, die klassischen Print-Medien konkurrenzfähiger zu halten, da die ja nicht so instantan veröffentlichen können wie ihre Online-Pendants.

    Zum Film selbst: Eigentlich fand ich ihn auch ganz nett. Die schlimmsten Fehler, vor allem die furchtbar plump konstruierte Handlung, waren für mich schon in der Buchvorlage zu finden gewesen. Nur hätte ich mir ein bisschen mehr Biss gewünscht. Immerhin geht es quasi um einen vom Staat erschaffenen Soziopathen. Da hätte man sogar schön in Richtung von Verhoevens „Starship Troopers“-Verfilmung schielen können. Die Anleihen bei Heinlein waren außerdem ja schon im Buch mehr als offensichtlich. 6/10 Punkte würde ich dem Ganzen geben.

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