Filmkritik: »Ex Machina« (2015) – Wann ist ein Roboter intelligent?

Ex Machina Kinoposter

Inhalt:
Der 24-jährige Web-Programmierer Caleb (Domhnall Gleeson) gewinnt einen firmeninternen Wettbewerb – sein Preis: eine Woche Aufenthalt im privaten Bergdomizil des zurückgezogen lebenden Konzernchefs Nathan (Oscar Isaac). Vor Ort muss Caleb allerdings an einem ebenso seltsamen wie faszinierenden Experiment teilnehmen und mit der weltweit ersten, wahren künstlichen Intelligenz interagieren: einer bildschönen Roboterfrau (Alicia Vikander). Caleb wird in ein kompliziertes Liebesdreieck verwickelt, in dem es um die großen Fragen der menschlichen Natur geht: Worin unterscheiden sich Wahrheit und Lüge? Was ist das Wesen von Bewusstsein, Emotion und Sexualität?

Wenn man bislang Science Fiction von Alex Garland im Kino sah, dann war er nur für’s Drehbuch verantwortlich und Danny Boyle führte Regie (»28 Days Later«, »Sunshine«). Bei »Ex Machina« übernahm er nun auch die Regiearbeit und lieferte einen Film ab, der vom Aufbau und der Stimmung sehr stark an »Sunshine« erinnert – sowohl in seinen Stärken, als auch bei seinen Schwächen. Im Grunde ist der Film ein Kammerspiel, statt einem Setting in einer luxuriösen und vollautomatisierten Villa, weit weg von aller Zivilisation, könnte die Handlung des Films auch relativ einfach mit vier Schauspielern auf einer Bühne aufgeführt werden. Zwar wird der von Nathan erschaffene Roboter in Frauengestalt im Film mit aufwendiger Tricktechnik zum Leben erweckt (aufwendig vor allem dadurch, weil Alicia Vikander erst durch CGI optisch zu einem künstlichen Wesen wird), aber das ist nur optische Effekthascherei – der Film lebt vom Spiel seiner Figuren. Ein simples Kostüm würde es auf der Bühne auch tun. Oscar Isaac, der hier eine Art Technik-Messias a la Steve Jobs darstellt, hält in fast jeder Szene entweder eine Flasche Bier oder eine Hantel in der Hand, ein filmisches Hilfsmittel um seiner Figur etwas mehr Gestalt zu verleihen. Denn fast alle wichtigen Dinge passieren hier im Dialog – zwischen Nathan und Caleb, oder zwischen dem Roboter und Caleb. Wie gesagt: im Grunde ein Kammerspiel.

Um was es im Film geht, ist deshalb die Frage, ob ein Mensch eine künstliche Intelligenz erschaffen kann und welche Folgen der Menschheit daraus erwachsen. Lustigerweise geht es in »Avengers: Age of Ultron« vordergründig um die gleiche Frage. Aber Nathan und Caleb sind keine Superhelden, sie sind zwei Nerds, die als Wissenschaftler Grenzen überschreiten. Und im Gegensatz zu Tony Stark und Bruce Banner sind sie nicht in der Lage als Superhelden zu agieren. Sie können nur versuchen im Gespräch ihre Standpunkte auszuloten und versuchen durch einen modifizierten Turing-Test festzustellen, ob Nathan ein künstliches Lebewesen erschaffen hat. Und mit dem Ergebnis umzugehen.

Alex Garlands »Ex Machina« ist ein kleiner, intelligenter Science-Fiction-Film, der durch seine Dialoge lebt. Nicht mehr, nicht weniger. Wer mehr erwartet, wird enttäuscht sein, wer sich darauf einlässt, wird mit intelligenter Science Fiction belohnt.

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»Ex Machina« (2015)
Regie: Alex Garland
Besetzung: Domhnall Gleeson, Alicia Vikander, Sonoya Mizuno, Oscar Isaac
Drehbuch: Alex Garland
Produktion: Andrew Macdonald, Allon Reich
Ausführende Produzenten: Scott Rudin, Eli Bush
Deutscher Kinostart: 23. April 2015