Filmkritik: »In Time« (2012) – Zeit ist Geld

Kinoposter zu In TimeIn der Welt von Will Salas (Justin Timberlake) ist die Währung Zeit und jeder wird mit einer Körperuhr geboren, die in sein Handgelenk eingebettet ist. Im Alter von 25 Jahren beginnt diese Uhr zu ticken – und man hat noch ein Jahr zum Leben. Will Salas lebt in Dayton, der ärmsten Gegend der Zeitzone. Er hat noch wenig mehr als 24 Stunden auf seiner Körperuhr und muss jeden Tag in einer Fabrik schuften, um sich einen weiteren Tag Leben leisten zu können. Gangs mit Namen wie Minute Men sind ständig auf der Suche nach Möglichkeiten, Zeit zu stehlen und ein Mord für den Gewinn von ein paar Stunden bedeutet ihnen gar nichts. Als Will den mit einem reichen Zeitvorrat ausgestatteten Henry vor einer Truppe von Minute Men beschützt, die ihm eben diesen Reichtum stehlen wollen, bedankt sich Henry bei Will mit einem Zeitgeschenk von sage und schreibe einem Jahrhundert. Will beschließt in die reichste Zone New Greenwich zu reisen. In krassem Gegensatz zu Dayton bewegt sich hier nichts und niemand schneller als nötig. Zeit ist purer Luxus, den sich hier alle Bewohner leisten können, da die meisten von ihnen noch hunderte, wenn nicht sogar tausende von Jahren zu leben haben.
Aber da Zeit eine Währung ist und darüber fein säuberlich Buch geführt wird, erregt die Bewegung einer so großen Menge von Zeit innerhalb der Grenzen Daytons die Obrigkeit, in Person der Timekeeper. Eine gnadenlose Verfolgungsjagd auf Will beginnt… und Will nimmt Sylvia Weis (Amanda Seyfried), die Tochter des Super-Reichen Philippe Weis, als Geisel. Aber was als Flucht vor dem Gesetz beginnt, entwickelt sich zu einem hoch riskanten Spiel um die Regeln für diese gar nicht so Schöne Neue Welt zu ändern – und im Mittelpunkt dieses Spiels befindet sich ein Liebespaar auf der Flucht …

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Zeit ist Geld – Die Kritik
Zeit ist Geld – aufbauend auf dieser Metapher erzählt der neuseeländische Regisseur und Drehbuchautor Andrew Niccol die Geschichte einer Welt, in der dies wörtlich zu nehmen ist. Zeit, genauer gesagt Lebenszeit, muss durch Arbeit verdient werden und alle Waren und Dienstleistungen, ja sogar sein Frühstück und seine Miete bezahlt man mit Lebenszeit. Die Lebensuhr eines jeden Menschen tickt, aber wenn sie doch einmal die Null erreicht, dann stirbt man – sofort. Wer aber reich ist und genug Zeit angehäuft hat, kann diese sogar auf einer Bank einzahlen. Relativ schnell versucht sich der Film deshalb als Parabel auf die moderne Finanzwirtschaft: Auch Will Salas‘ Welt ist beherrscht von einem System, das auf der gnadenlosen Ausbeutung der 99% basiert, und regiert von einer Elite, die auf Kosten der Lebenszeit der Massen ein geruhsames und ewiges Leben führt und alles daransetzt diese Ungleichheit aufrecht zu erhalten.
Kein Wunder also, dass Andrew Niccols uns Will Salas und Sylvia Weis schon bald als Bonnie & Clyde schildert – ein wildes Bankräuberpärchen, das loszieht, um Tresore zu sprengen und Zeit von den Reichen zu klauen und den Armen zu geben. Immer gejagt von den Timekeepern, entwickelt sich der Film so zu einem Actionstreifen.

Kein neues Gattaca
Von jemand wie Andrew Niccol, der vor 14 Jahren die Science-Fiction-Liebhaber mit seinem intelligenten Meisterwerk GATTACA begeisterte, wäre dann aber doch etwas mehr zu erwarten gewesen, als das, was IN TIME letztlich erzählerisch zu bieten hat. Die Idee, »Lebenszeit« als eine Metapher für Geld als Grundlage des Lebens zu sehen, steht hier im Mittelpunkt, aber es gelingt Niccols nicht, aufbauend auf dieser Metapher auch eine sich glaubwürdige Welt zu erschaffen. Als Science Fiction versagt der Film deshalb völlig – obwohl das System bereits seit mindestens 100 Jahre existieren muss, ist der einzige technologische Fortschritt das Zeitbuchungssystem – und das muss schon zu Beginn dieser Gesellschaft eingeführt worden sein – und die Tatsache, dass man Elektroautos benutzt. Ärgerlich sind aber auch viele andere kleine Logikfehler, die den Film durchziehen und einem klar machen, dass es hier nicht darum ging, eine intelligente Geschichte zu erzählen, sondern einen Actionstreifen zu drehen. (Wenn es schon Zeitbanken gibt, warum gibt es kein System um den Diebstahl von Zeit bei einem simplen Überfall durch Körperkontakt zu verhindern? Wie kann Will mehr Zeit in einem Pokerspiel setzen, als er besitzt?)

Noch eine Anmerkung
Lustig ist auch eins: in der Welt von »In Time« wird niemand körperlich älter als 25 – entweder man hat genug Lebenszeit auf dem Konto, um ewig zu leben, oder man fällt einfach plötzlich tot um. Wirklich altern tut niemand. Dabei sind die Schauspieler durch die Bank älter als 25: Justin Timberlake ist mittlerweile 30, Olivia Wilde 27, Cillian Murphy 35, Matt Bomer 34, Johnny Galecki 36 und Vincent Kartheiser 32. Justin Timberlake spielt dabei übrigens überraschend gut die Rolle des Rebellen, wobei sie ihm aber auch schauspielerisch nicht sonderlich viel abverlangt, Olivia Wilde ist nur in einer kleinen Nebenrolle zu Beginn des Filmes zu sehen.

4 Kommentare

  1. Daß Schauspieler Rollen Spielen, die beträchtlich jünger (resp. älter) geraten sind, ist ein Tradition im Business. Funktioniert mal mehr, mal weniger. Im Film ließe es sich mit dem biologischen Umstand erklären, daß nicht jeder gleich schnell altert. Alison Lohman konnte ohne ein Problem eine 14-jährige spielen – mit Anfang 20. Die Gene eben.

  2. Das ist mit Abstand der schlechteste Film, den ich jeh gesehen hab…

    Das Potential der Story wurde mehr als vergeudet. Vorallem durch völlig Sinnfreie Zusammenhänge

  3. Also schon nur der Idee wegen bin ich mit dem Film zufrieden, obwohl ich auch zugeben muss, dass zu wenig auf Details geachtet wurde. Trotzdem scheint mir, dass die Analogie zur Finanzwelt, zum Kapitalismus und vorallem zur Dependenztheorie klar rübergebracht wurde.
    Gute kleine Beispiele sind mir auch aufgefallen:
    -Der Unruhestifter im Ghetto, der selbst von dort kommt, die Gegend unter Kontrolle hat, weil es den Zweck der reichen erfühlt (Dependenz und Diktatore)
    -Die Zonentrennung: Man muss die Misere in den Ghettos nicht sehen (Was in armen Ländern passiert erlebt man nicht wirklich eins zu eins mit) womit auch die Verantwortung weniger stark wahrgenommen wird
    -Der Timekeeper, wie viele andere im System gefangen, es wird von wenigen darüber nachgedacht, dass ganze System in Frage zu stellen
    -Die Schwierigkeit, von solch einem System wegzukommen und ein neues zu implementieren, wenn man schon mitten drin ist (Am Schluss laufen alle von den Fabriken weg)

    Und noch viele weitere kleine Analogien zu unserem System. Und darum nehm ich die kleinen Logikfehler hin.

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