Filmkritik: »The Core – Abenteuer in der Erde« (2003)

In einem Bostoner Stadtviertel sterben plötzlich und unerwartet gleichzeitig 32 Menschen, weil ihr Herzschrittmacher ausfällt. Wenig später drehen am Trafalgar Square in London die Tauben durch und fliegen völlig ziellos umher und verursachen ein Verkehrschaos. Und das Space Shuttle ENDEAVOUR kommt beim Landeanflug vom Kurs ab und stürzt auf die Innenstadt von Los Angeles zu…

Durch Zufall entdeckt der Geophysiker Dr. Josh Keyes (Aaron Eckhart), daß all diese Geschehnisse miteinander verknüpft sind und eine gemeinsame Ursache haben: ein unbekannter Einfluß hat den flüssigen Erdkern zum Stillstand gebracht. Dadurch bricht langsam aber sicher das Magnetfeld der Erde zusammen und alles Leben auf unserem Planeten ist vom Aussterben bedroht, da die kosmische Strahlung bald umgebremst auf die Erdoberfläche treffen wird.

Und wieder einmal geht die Golden Gate Bridge kaputt…

Es gibt nur eine Rettung – irgendwie muß der Erdkern wieder »angeschubst« werden. Da trifft es sich doch sehr gut, daß Dr. Ed Brazzelton (Delroy Lindo) eine Möglichkeit entwickelt hat, mit einem gepulsten Laser feste Materie aufzulösen. Dr. Keyes soll deshalb zusammen mit einem Team hervorragender Wissenschaftler in einem speziellen Fahrzeug zum Erdkern vordringen, um dort durch mehrere Atombomben den Kern wieder zum drehen zu bringen. Dieses wundersame Fahrzeug, das sich in die Erde bohren kann, wird befehligt von den sogenannten »Terranauten«: Major Rebecca »Beck« Childs (Hillary Swank) und Colonel Robert Iverson (Bruce Greenwood)… Doch zwei Fragen bleiben offen: Reichen die mitgebrachten Atombomben aus, um den Erdkern wieder »anzuschubsen« und wie kam es eigentlich überhaupt zu dieser Katastrophe?

Knapp ausgedrückt könnte man »The Core – Der Innere Kern« als eine Remake von »Armageddon« im Inneren der Erde bezeichnen. Statt mit einem Raumschiff macht man sich nun halt mit einem Erdschiff (oder wie man so etwas auch immer nennen will) auf die Reise, um irgendwie mit ein paar kräftigen Atombomben wieder alles in Ordnung zu bringen. Ach, wenn doch alles im Leben so einfach zu regeln wäre!

Unsere sechs Terranauten, die die Erde retten wollen.

Doch Regisseur Jon Amiel ist nicht Michael Bay und darum gibt es auch in »The Core« im Gegensatz zu »Armageddon« erfreulich wenig Hurra-Patriotismus. Und tatsächlich bekommt man im Laufe des Films gezeigt, daß solch eine Katastrophe nicht nur die USA betreffen würde, sondern tatsächlich die komplette Erde. Durchaus amüsant ist dabei, daß man sich diesmal Rom als Beispiel vorgenommen hat und zeigt, wie das Kolosseum von heftigen atmosphärischen Entladungen (vulgo: Blitzen) zerstört wird. Wow, darüber sollte man lieber mal nicht mit etwas wissenschaftlicher Logik nachdenken…

Überraschend gut gelungen ist die Optik des Films. Viele Schauplätze, aufwendige Sets, gute Trickszenen und eine Kameraführung lassen keine Langeweile aufkommen und zeugen davon, daß man das Budget von 60 Millionen US-Dollar sehr gut angelegt hat. Besonders erfreulich ist, daß man die CGI-Sequenzen perfekt mit den Realszenen verknüpft und nicht nur einfach dazwischen geschnitten hat. Ein schönes Beispiel hierfür ist ein flüssiger Kameraschwenk von einer riesigen Versuchsanlage, die eindeutig im Computer entstand, zum herkömmlichen Set des Kontrollraums.

Gelungen ist auch die Auswahl der Schauspieler und der Handlungsfiguren. Die Geschichte kommt ohne Bösewicht aus und ist trotzdem spannend genug erzählt, um einen darüber hinwegzutäuschen, daß man eigentlich nichts Neues vorgesetzt bekommt. Eine sehr amüsante Nebenfigur ist dabei der Hacker »Rat« (D.J. Qualls), der ehedem vom FBI gejagt, nun im Auftrag der Regierung verhindern soll, daß das volle Ausmaß der Katastrophe bekannt wird. Gut gespielt ist auch der karrieregeile Dr. Zimsky (Stanley Tucci), der mit einem Diktaphon auf die Reise gegangen ist, um so bereits die ersten Eindrücke für seine Bücher über dieses Abenteuer festzuhalten.

Alles in allem ist »The Core« ein gelungener Unterhaltungsfilm, der sicher gerade in wissenschaftlicher Hinsicht eine schier unglaubliche Zahl an Logikfehler enthält, aber dafür so schwungvoll inszeniert ist, daß man sich trotzdem gut amüsieren kann. Man muß sich »The Core« also sicher nicht unbedingt anschauen, aber seinen Spaß daran haben kann man trotzdem. Ich zumindest habe diesen Kinoabend nicht bereut und mich hier doch besser unterhalten gefühlt, als zuletzt bei »Star Trek: Nemesis«…

In Deutschland startet »The Core – Der Innere Kern« am 3. April 2003 in den Kinos.

Nun noch ein paar Worte zu einem Film mit sehr ähnlicher Thematik, der erst vor kurzem bei Vox im deutschen Fernsehen zu sehen war. In »Deep Core – Die Erde brennt« haben besonders tiefe Ölbohrungen zu einer Schwächung der Erdkruste geführt und deshalb muß auch hier ein Team mit einem Schiff in die Erde aufbrechen, um wieder alles in Ordnung zu bringen. Der Streifen, in dem mit Terry Farrell (»ST: Deep Space Nine«) und Wil Wheaton (»ST:TNG«) auch zwei Schauspieler aus dem Star Trek-Universum mitspielten, ist allerdings eine Billigproduktion, bei der man nicht nur an Sets und den Tricks gespart hat, sondern leider auch am Drehbuch. Einen passenden Kommentar dazu gab es in der Neuen Osnabrücker Zeitung: „»Deep Core« zeigte ein großes Scheitern: Drehbuch, Regie, Darsteller, Kameraleute – das alles war der reinste Ramsch.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

© Florian Breitsameter (Text), UIP (Bild)