Dan Simmons – Hyperion

Hyperion
Heyne Verlag, Reihe HIGH 8000, TB 06/8005
ISBN 3-453-13304-8
Titel der Originalausgabe: »Hyperion«
aus dem Amerikanischen von Joachim Körber
Titelbild von Garry Rudell
München, Dezember 1997, 19.90 DM, 688 Seiten

1990 erhielt Dan Simmons in Den Haag für seinen Roman »Hyperion« den HUGO-Award. In Deutschland erschien der Roman wenig später in der »Allgemeinen Reihe« des Heyne-Verlags (01/8321), und fand so nicht die verdiente Beachtung beim deutschen SF-Leser. Denn Dan Simmons war mittlerweile in Deutschland von den Marketingabteilungen als »Nachfolger von Stephen King« angepriesen worden und galt – zu Unrecht – als reiner Horror-Autor, was sich auch in der Aufmachung des Buches wiederspiegelte, das im Design der Stephen King Ausgaben erschien…

Ende 1997 erschien der Roman nun in der Reihe »HIGH 8000« (»Eine Auswahl guter Science Fiction«) im SF-Programm, und es ist Wolfgang Jeschke sogar ein Vorwort wert, darauf hinzuweisen, daß Hyperion ein Science Fiction-Roman ist.

Die Menschheit hat den Weltraum erobert, viele unterschiedliche Welten besiedelt und künstliche Intelligenzen erschaffen. Doch diese Entwicklung ging nicht ganz ohne Krisen voran, und so wurde bei Experimenten mit einem künstlichen Schwarzen Loch die »alte Erde« zerstört, die meisten der künstlichen Intelligenzen haben sich quasi abgesetzt und im Datenraum ein eigenes Reich (»Technocore«) erschaffen, und ein Teil der Menschheit, der es vorzog im Weltraum zu bleiben, entwickelte sich weiter zu den sogenannten »Ousters«.

Neben der fast lichtschnellen Raumfahrt gibt es zwischen vielen bewohnten Welten auch sogenannte »Farcaster-Verbindungen«, also Möglichkeiten zur direkten und zeitlosen Reise (sozusagen »Transmitter«), und die so verbundenen Welten gehören zum »Netz«, der Gemeinschaft der menschlichen Welten unter einer demokratischen Regierung. Farcaster sind so billig geworden, daß man bequem auch mal auf einem anderen Planeten zu Abendessen kann, und es sogar Häuser gibt, deren Zimmer auf verschiedenen Welten liegen, und die nur über Farcastertore verbunden sind.

Hyperion ist eine einsamer, nur dünn besiedelter Planet außerhalb des »Netzes«, und er kann deshalb auch nur per Raumschiff erreicht werden. Doch genau dort greifen die Ousters an, und FORCE, das Militär der »Netzwelten«, tritt an, um die Eroberung abzuwehren.

In diesen unsicheren Zeiten beginnen sieben ausgewählte Personen eine Art Pilgerfahrt zu den sogenannten »Zeitgräbern« auf Hyperion, die vom geheimnisvollen Shrike bewacht werden. Zwar gibt es sogar eine »Kirche des Shrike«, die diese seltsame Tötungsmaschine anbetet, doch keiner der sieben Pilger gehört ihr an, und jeder hat andere Gründe für seine Reise.

Der Roman beginnt damit, daß die sieben Pilger (der Priester, der Soldat, der Tempelritter, der Dichter, der Gelehrte, die Detektivin und der Konsul) ihre Reise antreten, und sich währenddessen ihre Geschichte, und ihre Beweggründe für diese Pilgerfahrt erzählen. Und so ist Hyperion eine Ansammlung von Kurzgeschichten, die perfekt eingepasst sind in den Rahmen der Schilderung des beschwerlichen Weges zu den Zeitgräbern…

Dan Simmons hat mit Hyperion nicht nur einen atemberaubenden SF-Roman geschrieben, sondern auch eine solche Fülle an Ideen eingebaut, daß die fast 700 Seiten nur der Auftakt für ein gigantisches Werk sein können, das sich mittlerweile aus vier Romanen zusammensetzt (»Hyperion«, »The Fall of Hyperion«, »Endymion« und »The Rise of Endymion«). Die Geschichten der Pilger zeichnen sich durch einen unterschiedlichen Aufbau und Erzählweise aus, und als Leser wird man so langsam immer mehr in das Rätsel um das Shrike hineingezogen. Sehr konsistent und auch wohl durchdacht zeigt sich die »Future History«, die uns Dan Simmons hier präsentiert. Eine Fülle von Ideen ist hier zu einem gigantischen Teppich verwoben, dessen gesamtes Bild sich aus »Hyperion« allein nur erahnen läßt. Denn Dan Simmons, der mit diesem Romanwerk eine Hommage an den englischen Dichter John Keats verfasste, konfrontiert seine Figuren auch immer wieder mit philosophischen und religiösen Fragen (ohne seine Leser zu langweilen), und zeigt sich als belesener und intelligenter Schreiber.

Als Fazit bleibt mir nur der Hinweis, daß man diesen Roman als SF-Fan unbedingt gelesen haben sollte. Er ist nicht nur ein Lesegenuß, sondern auch eines der bemerkenswertesten Werke der SF.

Anmerkung: Diese Ausgabe von »Hyperion« (06/8005) wurde teilweise in einer fehlerhaften Version ausgeliefert, bei der die letzten zwei Seiten Text fehlen! Endet der Text auf Seite 686 mit „»Ist das bekanntes Phänomen?« fragte Pater Hoyt mit dünner Stimme.„, so handelt es sich um die verstümmelte Ausgabe. Auf Wunsch sendet SF-Buch.de aber  gerne den Text der fehlenden Seiten per E-Mail zu (E-Mail an breitsameter@sf-fan.de)!

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