Tim Lebbon – Alien: In den Schatten

Alien - In den SchattenOriginaltitel: Alien – Out of the Shadows
Autor: Tim Lebbon
Deutsche Übersetzung: Kristof Kurz
384 Seiten
Verlag: Heyne Verlag (2014)
ISBN-10: 3453315618
ISBN-13: 978-3453315617

»Im Weltraum hört dich niemand schreien!« Das war bereits 1979 so und hat sich bis 2014 nicht geändert. Im Zuge der erfolgreichen Alien-Verfilmungen sind in den letzten 20 Jahren zahlreiche Comics und Romane (die zum Teil auf den Comics basieren) auf den Markt gekommen, die das Alien-Universum manchmal sehr gelungen mit neuen Ideen und interessanten Geschichten erweitern, oft aber auch Altbekanntes eher schlecht als recht wiederkäuen.

Für dieses neu erschienene Buch zeichnet sich Tim Lebbon verantwortlich, ein englischer Horror- und Dark-Fantasy-Schriftsteller, dessen letztes Buch DER AUFSTIEG DER JEDI-RITTER: INS NICHTS (2014) vor allem Star-Wars-Fans bekannt sein dürfte oder dem die Romanfassung von 30 DAYS OF NIGHT einen New York Times Bestseller bescherte.

Die MARION ist ein Schiff der Kelland-Mining-Company, das den Planeten LV178 umkreist auf dessen Oberfläche nach dem selten Material Trimonit geschürft wird. Nach einem Crash mit einer Landefähre wird die MARION aus dem Orbit geworfen und droht in der der Atmosphäre des Planeten zu verglühen. Doch das ist nicht das einzige Problem der Besatzung, da sich an Bord der Fähre ungebetener Besuch befindet. Zeitgleich erscheint auf den Sensoren ein Rettungsshuttle an dessen Bord sich die einzige Überlebende der NOSTROMO befindet. 37 Jahre nach den dortigen Ereignissen erwacht Ellen Ripley aus dem Hyperschlaf.

Der Roman, der den Auftakt zu einer weiteren Trilogie darstellt, wäre vor allem deshalb interessant, weil er chronologisch zwischen den Filmen ALIEN (1979) und ALIENS (1986) stattfindet, Ellen Ripley eine tragende Rolle innehat und man mit dem Androiden Ash auf einen alten Bekannten trifft.
Die MARION ist nach dem Crash für einen interplanetaren Flug zu sehr beschädigt, das Abdriften in die Atmosphäre ist unvermeidlich und nur eine Frage von Wochen, das nächste bewohnte System ist zwei Jahre entfernt und auch ein Ausweichen auf LV178 scheint unmöglich. Vor diesem Hintergrund böte die Story alle Voraussetzung für eine interessante und fesselnde Geschichte, vor allem auch wie Ripleys Erwachen 20 Jahre vor den Ereignissen in ALIENS logisch erklärt würde, ohne in einer alternativen Zeitlinie angesiedelt zu sein.

Leider ist das Buch weit davon entfernt und entpuppt sich vielmehr als ziemlich dürftige Melange aus den beiden ersten Filmen mit einem Schuss PROMETHEUS. Die Charaktere sind bekannt und vorhersehbar, vom Schiffsmechaniker Hoop, der unfreiwillig das Kommando übernehmen muss, über den pseudowitzigen Piloten Lachance bis hin zur toughen Schiffsärztin Kasynov.

Zahlreiche Abläufe, Strukturen und Figuren wirken als wären sie mit geringfügigen Abänderungen 1:1 aus den Filmen übernommen worden. Die Geschehnisse auf der MARION haben nicht viel anders auf der NOSTROMO stattgefunden, der actionlastige Mittelteil entspricht im Großen und Ganzen dem Hit and Run der Marines auf ACHERON (LV-426) und sogar über einen Hauch von Romanze á la Hicks darf sich Ripley freuen. Alleinig die intensiven Flashbacks und Träume über ihre Tochter Amanda vertiefen Ripleys Charakter und erklären so möglicherweise ihren starken Mutterinstinkt und ihre Zuwendung für Newt in ALIENS.

Fairerweise muss man zwar sagen, dass auch das »Alien-Rad« nicht ständig neu erfunden werden kann und es durchaus spannende Abschnitte gibt, trotzdem hat es sich Tim Lebbon mit diesem Buch etwas zu einfach gemacht und erzählt eine austauschbare 08/15 Geschichte mit zum Teil dreisten Abkupferungen aus den Alien-Filmen.
Wie man das deutlich besser machen kann, zeigt die erste Aliens-Romantrilogie (Earth Hive/Nightmare Asylum/Female Wars) von Steve Perry aus den 1990er Jahren. Die größte Motivation für den Leser im aktuellen Roman ist letztendlich die Neugier über Ripleys weiteres Schicksal und vor allem warum sie sich am Beginn von ALIENS an die Vorkommnisse der MARION nicht mehr erinnern kann, doch selbst das kann man schwer als innovativen Schachzug von Tim Lebbon beschreiben.

Neue Erkenntnisse über das Alien-Universum werden nicht geboten, die Geschichte ist aufgewärmt und bietet keinen Mehrwert und so kann man »ALIEN 1.5« streng genommen nur echten Die-Hard-Alien-Fans nahen legen. Warum der Verlag den Originaltitel »Out of the Shadows« mit »In den Schatten« übersetzt, muss man wohl in den Sternen nachlesen, ist dann aber eigentlich auch schon egal.

ALIEN – IN DEN SCHATTEN (OT: Alien – Out of the Shadows / Autor: Tim Lebbon) ist im November 2014 erschienen, der zweite Band ALIEN – JENSEITS DER STERNE (OT: Alien – Sea of Sorrows / Autor: James A. Moore) erscheint erst im September 2015, für Teil 3 (OT: Alien – River of Pain / Autor: Christopher Golden) gibt es bisher weder einen deutschen Titel noch ein Veröffentlichungsdatum. Die englischen Originale sind im Handel bereits alle erhältlich.

Homepage Tim Lebbon: http://www.timlebbon.net